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1992-09-15
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8KB
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144 lines
Shareware
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Auch in den vorigen Ausgaben des Forums schon angesprochen, macht sich in
letzter Zeit eine erneute Diskussion um den Sinn und Unsinn von Shareware
breit. Dabei ist meist zu beobachten, daß die verschiedenen Autoren eine
recht unterschiedliche Meinung davon haben, was Shareware eigentlich ist.
So war in der letzten Forum-Ausgabe zu lesen, daß der Shareware Gedanke
durch den Vertrieb von Demos komerzieller Produkte unter der Bezeichnung
Shareware ausgehölt würde.
Dabei ist grundsätzlich anzumerken, daß es sich bei Shareware prinzipiell
um komerzielle Software handelt, für deren Vertrieb lediglich ein
unkonventioneller Weg gewählt wurde. Der Benutzer erhält die Software zum
Test, und zahlt lediglich dann, wenn er sie auch wirklich nutzt.
Die Vorteile dieses Vertriebskonzepts bedürfen wohl keiner Diskussion.
Vielmehr interessiert, welche Ansprüche sich aus der Tatsache ableiten
lassen, daß es sich bei Shareware eigentlich um komerzielle Produkte
handelt. Hier gehen die Meinungen offensichtlich weit auseinander. Auf
der einen Seite beschweren sich Anwender, daß die zum kostenlosen Kopieren
freigegebenen Versionen vieler Programme durch 'Nerv'-Requester,
Einschränkung der Funktionen etc. nur noch bedingt den Anspruch der 'Prüf
vor Kauf'-Software erfüllen. Doch auch mit Programmen, deren vollständige
Version frei kopierbar ist, sind User unzufrieden, da sie nach Zahlung der
Share-Gebühr nichts erhalten, was sich von der Software, die sie zum Testen
bereits haben, unterscheidet.
Welche Ansprüche der Anwender aus dem Zahlen der Share-Gebühr hat, ist
eigentlich klar: Er erhält die Erlaubnis, das Programm, welches sich schon
in seinem Besitz befindet, legal zu benutzen. Ein Anspruch auf
irgendwelche anderen Leistungen besteht, sofern in der Prorammdokumentation
nichts anderes vermerkt ist, nicht.
Wer also ein Shareware-Programm kauft, in dessen Dokumentation nichts von
einem Update oder einer anderen Version erwähnt ist, sollte sich überlegen,
daß er mit dem Geld lediglich die Nutzung der schon erhaltenen Software
legalisiert, und sich nicht darüber beschweren, keine weiteren Leistungen
vom Autor zu erhalten.
Bei im Programm vorliegenden Fehlern sieht die Sache natürlich anders aus.
Hier hat der Anwender wie bei jeder anderen käuflich erworbenen Software
auch, ein Recht auf Beseitigung der Fehler. Diesen Anspruch durchzusetzen
gestaltet sich jedoch meist schwierig, da nach geltender Rechtssprechung
kein Programm fehlerfrei sein kann.
Haben sich in der Vergangenheit hauptsächlich die Autoren beschwert, viele
würden ihre Programme nutzen, doch nur wenige sie tatsächlich kaufen, so
war in letzter Zeit verstärkt zu lesen, daß sich viele Anwender von den
Autoren im Stich gelassen fühlten. Zum einen lag das wohl an den
überhöhten Vorstellungen seitens der Anwender. Zum anderen ist es auch für
User recht ärgerlich, wenn sie Share-Gebühren zahlen, und nicht die
geringste Reaktion seitens des Autors erfolgt. Eine Postkarte mit einem
Dankeschön für den Kauf des Programms oder einfach dem Hinweis, daß die
Zahlung angekommen ist, sollte auch bei einer Share-Gebühr von 10 DM noch
drin sein, und würde dem Anwender die Gewissheit geben, daß das Geld auch
wirklich seinen Bestimmungsort erreicht hat.
Eine Idee wie die 'Association of Shareware-Professionals' nach PC-Vorbild,
deren Mitglieder einen gewissen Service garantieren, wäre sicherlich auch
auf dem Amiga wünschenswert. Die Frage ist nur, ob es überhaupt genügend
Autoren gibt, die mit ihren Amiga Shareware Programmen nennenswerte
Einkünfte erzielen. Sieht man sich die vielen Beschwerden in den diversen
Netzen über die lange Wartezeit auf registrierte LHA-Versionen an, kann man
jedoch den Eindruck erhalten, daß zumindest einige Programmierer die
Gewinnschwelle erreichen. Wenn ausgerechnet diese Leute die User durch
lange Wartezeiten wieder vertreiben, fällt das natürlich auf alle anderen
Autoren zurück.
Sieht man sich die Lage auf PCs an, so scheint dort der Vertrieb von
Programmen per Shareware durchaus erfolgreich zu sein. Zu nennen sind hier
profesionelle Firmen wie G&S oder Apogee, die sich ausschließlich von
Shareware finanzieren, letztere sogar über den Vertrieb von Spielen, die
als Shareware auf dem Amiga ein eher klägliches Dasein fristen.
Was diese Firmen allerdings von etlichen Amiga-Autoren unterscheidet, ist
die Profesionalität beim Vertrieb. So verfügt Apogee über mehrere
autorisierte Händler in der ganzen Welt, die Shareware-Zahlungen entgegen
nehmen. Etwas Vergleichbares ist auf dem Amiga nur selten zu finden, wobei
man natürlich auch die Verkaufszahlen von PC und Amiga sehen muß.
Dennoch ist es einfach zu wenig, als Autor ein Programm in Umlauf zu
bringen, die Share-Gebühren zu kassieren, und dann kein weiteres
Lebenszeichen mehr von sich zu geben. Will man den Anspruch auf
Profesionalität wahren, den man dem Programm durch die Deklaration als
Shareware veleiht, reicht dies sicher nicht aus.
Natürlich gehört dazu auch, daß Anwender sich bereit finden, die Gebühren
zu entrichten. Leider zahlen die meisten User wohl erst dann für Software,
wenn sie dadurch etwas erhalten, was noch nicht in ihrem Besitz ist, wie
z.B. ein gedrucktes Handbuch oder eben eine neue Programm-Version. Warum
sowenig Autoren diesem Verhalten Rechnung tragen und eben gedruckte
Handbücher anbieten oder eine ständige Weiterentwicklung des Programms (und
dadurch verbesserte Versionen zumindest über einen festgesetzten Zeitraum
hinweg) garantieren, ist rätselhaft. Es sollte dem registrierten Benutzer
wenigstens ein anderes Unterscheidungsmerkmal gegenüber Nichtzahlern
gegeben werden, als die alleinige Tatsache, ein paar Mark ärmer geworden zu
sein.
Sicher macht ein gedrucktes Handbuch für ein Ballerspiel, einen Packer oder
kleinere Tools wenig Sinn. Hier hilft es meiner Ansicht nach lediglich,
eingeschränkte Versionen der Programme in Umlauf zu bringen, oder
vebesserte Versionen nur an zahlende User auszuliefern, wie es z.B. bei
LHA praktiziert wird.
So versucht die 'Spielefirma' Apogee auf dem PC erst gar nicht Geld für
etwas zu kassieren, was der Benutzer bereits erhalten hat, sondern gibt von
ihren Spielen immer den ersten Teil als Freeware heraus, während die
folgenden Teile nicht frei kopierbar sind. Dies entspricht zwar nicht ganz
dem Grundgedanken der Shareware, läßt sich aber zumindest bei dieser Art
Software wohl nicht anders realisieren.
Auch G&S bieten Support wie andere profesionelle Hersteller auch. Eine
Hotline für umfangreiche Programme ist eigentlich selbstverständlich, auch
wenn diese nach dem Shareware-Prinzip vertrieben werden.
Sicher ist dies bei Verkaufszahlen in dreistelligen Bereichen oder darunter
nicht realisierbar. Es existiert hier wohl der Teufelskreis, daß Anwender
wegen des geringen Supports keine Share-Gebühren zahlen, und Programmierer
oder Firmen wegen der geringen eingegangenen Zahlungen keinen Support
anbieten können. Hinzu kommt das Problem, daß Shareware ein Sammelbecken
sowohl für Software ist, die gleichwertig mit 'normal' vertriebener ist,
oder diese gar übertrifft, und zahlreichen kleineren Tools, die im Kaufhaus
wohl niemand mitnehmen würde, und die deshalb als Shareware vertrieben
werden, mit einem gänzlich anderen Anspruch als die zuvor genannten
Programme. Dies wird von vielen Anwender offensichtlich übersehen. Sie
verlangen von den Programmierern dieser Software einen Service, der bei der
geringen Zahl der Registrierungen nicht möglich ist.
Insgesamt gäbe es wohl weniger Probleme mit Shareware, wenn einerseits die
Anwender berücksichtigen würden, welche Ansprüche sie durch das Zahlen von
Share-Gebühren wirklich erwerben, andererseits aber auch die Autoren nicht
aus Verärgerung über die wenigen eingehenden Share-Gebühren die Leute, die
wirklich gezahlt haben, wenig beachten bis komplett ignorieren würden.
Dennoch denke ich das das Shareware-Prinzip über kurz oder lang seinen Weg
machen wird. Beispiele auf anderen Computersystemen zeigen, daß es
durchaus Erfolg haben kann. Die Idee ist einfach zu gut um sich
totzulaufen.
Tobias Eckert, August '92
Fido: 2:249/71